Elf Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche

>> PDF Download

Betr.: »Elf Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche«, erarbeitet vom ›Z-Team‹, dem Zukunftsteam der EKD

Sehr geehrte Mitglieder des Rates, der Synode, des Zukunftsteams der EKD, die »Elf Leitsätze« (›EL‹) können niemanden unberührt sein lassen, dem die Kirche Jesu Christi wichtig und ein Herzensanliegen ist — der die Gottesdienste aufsucht, weil er den Trost des Evangeliums für seine Seele braucht — der sich in seine Gemeinde vor Ort einbringt, weil ́s ihm mehr als nur etwas bringt für sein eigenes (Glaubens-)Leben und für den Dienst der Nächstenliebe, dem er sich verpflichtet weiß. Er braucht die Ortsgemeinde, wie die Ortsgemeinde ihn braucht. Er braucht die Gottesdienste, um GOTT zu loben und zu danken — um GOTT die Ehre zu erweisen, die wir alle IHM zu geben schuldig sind — um GOTT zu bitten um Schutz und Geleit, um Führung und Bewahrung, um Kraft, Hilfe und Orientierung.

Eine Schlüsselfunktion kommt den Gemeinden und den Gemeindepfarrern vor Ort zu — das bestätigen diverse Studien eindrucksvoll. Dort in den Ortsgemeinden ›an der Basis‹ ereignet sich Kirche, dort entscheidet sich, wie es mit Kirche und Gemeinde weitergeht. Die Ortsgemeinden bilden das Rückgrat der Kirche, was aber dann, wenn das Rückgrat gebrochen würde? Wenn die Ortsgemeinde geschwächt wird, wird Kirche insgesamt geschwächt. Deshalb kann gar nicht genug dafür getan werden, um die Ortsgemeinden zu stärken, gerade auch mit ihren Pfarrern und mit all ihren haupt-, neben- und ehren-
amtlich Mitarbeitenden. Andernfalls ist zu fragen:

Will sich Kirche / will sich die EKD selbst abschaffen?

Erahnen die elf Mitglieder des Z-Teams um den EKD-Vizepräsidenten Thies Gundlach /die Landesbischöfe und Kirchenführer an seiner Seite, was sie mit diesen ›EL‹ anrichten, die der EKD-Synode im Nov. 2020 zur Beschlussfassung vorgelegt werden sollen? Wissen sie (noch), dass sich Kirche Jesu Christi von unten her aufbaut, von den Ortsgemeinden her? Und dass jede Schwächung der Ortsgemeinden schließlich auch die EKD schwächt? Wissen Sie, wer die Finanzmittel aufbringt, von der (auch) die EKD lebt?

Wohin denn soll der Zug zukünftig fahren? Aus den Bahnhöfen der Ortsgemeinden heraus — doch wohin? Was dann, wenn Gottesdienste nicht mehr bzw. immer weniger an jedem Sonntag an jedem Ort stattfinden, wenn immer mehr Sonn- und Feiertag-Gottesdienste in Regional- und Mittelpunkt-Kirchen zentralisiert werden? Wenn die Parochie zerschlagen und die Gemeinde an andere Orte verlagert wird?

Weiß derjenige, der ›Attacken auf die Ortsgemeinde‹ (vgl. Gerhard Wegner) ›reitet‹, was er tut? Welchen Schaden er anrichtet? Wie zerstörerisch er wirkt? Wer wollte das wollen?

Wie lieblos werden in den ›EL‹ Ortsgemeinden und Gemeindepfarrer ›bedacht‹ und zu Unrecht herabgewürdigt. Von der ›Vereinskirche‹ (296) ist die Rede, von ›parochialen Strukturen, die ihre dominierende Stellung … verlieren, die sich wandeln werden‹ (292f., 263) — doch von Jesus Christus als dem einen Herrn der Kirche (›der seine Gemeinde sammelt, schützt und erhält‹, so der ›Heidelberger Katechismus‹ in Antwort 54) und vom Wirken des Heiligen Geistes findet sich in den ›Leitsätzen‹ kein Wort. Auffällig, merkwürdig!

Zu wünschen ist, dass sich die Kirche auf das konzentriert, »was sie vom Evangelium her unbedingt zu sagen hat« (100f.), heißt doch wohl (?): auf die Botschaft von Kreuz und Auferweckung Jesu Christi, von Gericht und Gnade, von Vergebung und Versöhnung, von ewigem Leben! Zu wünschen ist, wenn »missionarisches Handeln gefördert« wird (142).

Irritieren wird die Redefigur des imperativischen Futurs (»zukünftig wird« / »zukünftig werden«), die in Offiziers- und Leutnantsausbildungen der Bundeswehr gepflegt wird als »eine in Krieg und Frieden .. gebrauchte soldatische Redeweise« (Rolf Wischnath). Was soll mit diesem (Befehls-)›Ton‹ bezweckt und erreicht werden, was alles nur drückt diese Redefigur aus? Was wohl folgt aus der Sentenz (?): »Entsprechend gilt es, Prozesse eines freiwilligen Zusammengehens in größere Einheiten und selbstgesteuerte Kooperationen mit dem Ziel der Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung zügig umzusetzen« (438-440)?
Doch was wird passieren, was den Gemeinden drohen, wenn sie sich querstellen und sich weigern?


Die dritte These der »Barmer Theologischen Erklärung« (1934) beginnt mit den Worten: »Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern« und Schwestern, »in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt …«

Literatur-Hinweise:
• Gisela Kittel: »Die vom Zukunftsteam der EKD vorgestellten ›Elf Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche‹«
• Rolf Wischnath: Stellungnahme zum Bericht aus dem Z-Team, veröffentlicht durch die Geschäftsstelle der EKD-Synode im Juni 2020

Diese Stellungnahme ist bestimmt für die Veröffentlichung
durch die Geschäftsstelle der EKD-Synode.