Gedanken zu ‚Christen und Muslime‘ Gesprächspapier zu einer theologischen Wegbestimmung der Evangelischen Landeskirche in Baden 2. Auflage Sept. 2018
Gesprächspapier der Evangelischen Landeskirche in Baden
1. Schon der Titel des „Papiers“ birgt einen Widerspruch in sich. Ein „Gesprächspapier“ lädt zum ergebnisoffenen Austausch ein. Das „Papier“ selbst enthält allerdings wenig Gespräch! Die Bezeichnung „Wegbestimmung“ dagegen beinhaltet eine klare und damit einschränkende Festlegung. Wenn dem so ist, ist dann nicht schon der programmatische Titel der Schrift unaufrichtig, weil das „Gespräch“ nur verschleiert, dass der „Weg“ mit dem Islam schon oberkirchenrätlich bestimmt und festgelegt ist?
2. Bei intensiver Durchsicht des gesamten „Papieres“ drängt sich die Wahrnehmung auf, ob nicht vorauseilend dem Islam und seiner imperialen Durchsetzungskraft die theologische Deutungshoheit zugewiesen wird. Daher stellt sich die Frage: Soll es die Aufgabe der christlichen Kirche sein, als Anwalt einer anderen Religion, die die Heilsbedeutung von Jesus Christus bewusst leugnet, zu dienen? Fördert so das „Papier“ nicht die Verwirrung, wo doch Klarheit dringend geboten wäre?
3. Fast gebetsmühlenartig wird durchgängig dafür geworben, dass wir Christen selbstverständlich auch dem Islam „Glaubens“-Wahrheit zutrauen müssten. Und zwar „Wahrheit“, die ganz bewusst über die biblische Gottesoffenbarung in Jesus Christus, dem Sohn Gottes, hinausgeht. Wie kann es sein, dass unsere Kirche uns Christen ganz bewusst abverlangt, dass wir das biblische Zeugnis von Jesus Christus dergestalt relativieren sollen, dass es weitgehend kompatibel mit dem Islam wird?
4. Im letzten Teil des sog. „Papiers“ werden zwar unter der Überschrift „sensible und kontroverse Themen“ verschiedene Differenzen und Missstände in der Beziehung Kirche und Islam bzw. Christen und Muslime aufgezeigt. Allerdings wird ständig Verständnis und Entgegenkommen höchst einseitig von uns eingefordert. Glauben die Autoren des „Papiers“ ernsthaft mit diesen teilweise undurchsichtigen Methoden ein faires gesellschaftliches Miteinander zu gewährleisten?
5. Völlig außer Acht gelassen wird, dass die Taqiyya, also die Taktik der List, wesentlich zum Islam gehört.
6. Dieses „Papier“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie evangelische Theologie ihre Mitte verliert, sich selber zerstört und zur religiösen und gesellschaftlichen Anwältin des Islams mutiert. Ist das ihre letzte ‚Aufgabe‘?
7. In vielen evangelischen Gemeinden in der ganzen EKD, also auch in der badischen Kirche, wurden nach intensiver biblischer Lehre und seelsorgerlicher Begleitung Personen getauft, die aus einem moslemischen Hintergrund kommen. Wir haben also Menschen in unseren Gemeinden, die ganz bewusst – trotz Strafandrohung! – den Islam verlassen haben und Christen geworden sind. Warum sind diese Konvertiten, also jetzt unser Schwestern und Brüder in Christus, und ihre so wichtigen Erfahrungen mit dem gelebten Islam (ihrer Herkunftsländer) überhaupt kein Thema im „Gesprächspapier“? Warum wird auf diese Expertise in Sachen Religion, Familie, Kultur völlig verzichtet?
8. Die orthodoxen und orientalischen Kirchen verfügen über jahrhundertelange Erfahrungen im Umgang mit dem Islam. Diese Kirchen sind fast alle heute in Deutschland vertreten, so dass das Gespräch mit ihnen nicht schwierig und zugleich ein Gebot ehrlicher ökumenischer Gesinnung wäre. Stellvertretend seinen hier der koptische Bischof (und Arzt) Anba Damian und der ‚Zentralrat Orientalischer Christen‘ genannt. Das „Gesprächspapier“ macht den Eindruck, dass ein solches Gespräch nicht stattgefunden hat bzw. nicht stattfindet. Wenn dieser Eindruck stimmt, dann kann ich nur betroffen fragen: Was ist das für ein westlicher Hochmut, dass man glaubt, die elementare Islam-Erfahrung diese Kirchen einfach ignorieren zu können?
9. „Dass ein solches Papier im Namen einer Kirchenleitung herausgebracht wurde, sollte Anlass zu ernsthafter Besorgnis geben“ Zitat: Prof. Dr. Henning Wrogemann Pfarrerblatt 12/2018 S. 691 These (12)
19.06.2019 Pfarrer i.R. Karl Heinz Gaßner