Zwölf widerständige Brocken

12 widerständige Brocken zum 30. Juni 2017

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als der Deutsche Bundestag in seiner großen antidiskriminatorischen Weisheit den Kulturbruch vollzog und die Exklusivität der konjugalen Ehe von Mann und Frau abschaffte.

  1. Eine Kultur, die die eheliche Gestalt der Sexualität, die allein die Fortpflanzung und damit ihre Selbsterhaltung gewährleistet, nämlich die konjugale Sexualität von Mann und Frau, durch die „Ehe für alle“ mit der homosexuellen Gestalt der Sexua- lität, die progammatisch unfruchtbar ist, gleichstellt, ist von allen guten Geistern verlassen. Sie hat resignierend, ja selbstmörderisch das Interesse an ihrer eigenen Zukunft verloren. Der Kernbestand unserer individuellen und sozialen Identität wird mit voller Absicht einer Gleichstellung zugeführt, die zur weiteren moralischen Verwirrung und Verwahrlosung unserer Gesellschaft führen wird, denn die „Ehe für alle“ ist keine Ehe, das ist fake news! Allein die Ehe realisiert den fundamentalen Friedensschluss von Mann und Frau, und allein die ehebasierte Familie realisiert in der Fähigkeit zur Fortpflanzung, zur Generationalität zugleich den Friedensschluss der Generationen. Durch die neue Norm der „Ehe für alle“ werden Ehe und Familie zu diffusen Freundschaftsmodellen entkernt und verlieren gerade damit ihre notwendige Widerstandskraft gegen die Kräfte der Zerstörung. Die „Ehe für alle“ ist der Weg zur Abschaffung der Ehe überhaupt. Eine Kultur, die in ihrem inneren Aufbau – und Ehe und Familie ist das zentrale seelische und soziale Bauprinzip – solchermaßen in der Beliebigkeit verwahrlost, wird sich einem neuen ideologischen bzw. religiösen Totalitarismus und seinen „kulturellen Rettungsangeboten“ ohne ernsthaften Widerstand unterwerfen.
  2. Da die Ehe ihre begründende, stärkende und schützende Kraft für die treue, lebenslange Liebes-Beziehung von Mann und Frau, die zugleich Vater und Mutter werden wollen bzw. sind, schon seit einiger Zeit zunehmend verliert, zerbrechen immer häufiger Familien. Die in der Familie gemeinsam begründete Elternschaft von Mann und Frau verliert durch das Scheitern der Ehe ihre Exklusivität, ihre Verbind- lichkeit und Prägekraft. Aktuell transformieren sich zahlreiche Familien nach der Trennung der leiblichen Eltern hinein in Modelle der „Flickenteppich-Familie“ meist ohne Ehe der neuen Paare. Dabei werden immer wieder bisherige Familienmitglieder nicht zuletzt der andere Elternteil irgendwie verloren oder bewusst abgehängt. Einen besonders traurigen Part haben hier Großeltern, die von heute auf morgen die Enkel entzogen bekommen können. Allerdings wird dieser schmerzliche Prozess des Familienzerfalls, der Gott sei Dank noch nicht die Regel ist!, ideologisch gefördert und medial schön geredet, man nennt dies dann die „Pluralisierung der Lebens- formen“. Familie soll sich vom Vater-Mutter-Kinder-Modell emanzipieren und immer mehr zu einem schwer definierbaren weil multiformen sozialen Konglomerat werden.
    Das ist dann die große Stunde der „Regenbogenfamilien“ mit ihrer homosexuellen Elternschaft. Gemeinsam mit der „Ehe für alle“ bildet sie das ambitionierte Aktions- feld der politischen und medialen Antidiskriminierer der „Vielfalt der Lebensentwürfe.“
  3. Ein besonders engagierter und verlässlich hemmungsloser Kritiker der „bürgerli- chen Ehe“, treffender gesagt: des christlichen Eheverständnisses und seiner treuen sexuellen Zweisamkeit von Mann und Frau war in den vergangenen Jahrzehnten die Homosexuellenbewegung. Gerade aus ihren Reihen kam der ätzenden Spott über diese „kleinbürgerliche, lustfeindliche Zwangsveranstaltung zur sexuellen Selbstverstümmelung“. Homosexuelle Lebensweisen dagegen – und dies war im homosexuellen Selbstverständnis enorm wichtig! – definierten Sexualität und Beziehungstreue bewusst anders als in der traditionellen wesentlich christlich geprägten Ehe. Homosexuelle Beziehungsformen sind revolutionär und lassen sich auf keinen Fall in traditionelle bürgerliche Muster pressen, so hieß es, und reklamierten daher selbstverständlich für sich das Recht fast schon die Pflicht promiskuitiv zu sein, weil es sowieso zum Wesen der freien Sexualität gehöre, sich nicht auf eine Person zu fixieren, sondern immer wieder frei zu wählen. So kommt auch aus diesem Umfeld die programmatische Unterscheidung von sexueller und sozialer Treue in einer Partnerschaft.
  4. Vor diesem Hintergrund der langjährigen ideologischen Entwertung der Ehe als exklusiver Lebensform der sozialen, emotionalen und sexuellen Treue von Mann und Frau also der konjugalen Ehe, die auf leibliche Kinder und Familiengründung ausge- richtet ist, geschieht seit geraumer Zeit etwas sehr erstaunliches. Die Homosexu- ellenbewegung und ihre Sympathisanten vollziehen den 180-Grad-Schwenk und entdecken lautstark und politisch prominent die positiven Qualitäten der Ehe. Dieses wichtige gesellschaftliche Beziehungsinstitut, so sagen sie nun, dieser institutionelle Raum der Liebe und Treue (von dem sie jahrzehntelang nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gehalten haben!) werde ihnen heteronormativ und damit diskriminierend und grundgesetzwidrig vorenthalten. Das sei krasses Unrecht und verweigere homosexuellen Menschen die Gleichstellung und das wahre Lebens- glück! Die Ehe sei daher von jeder Bindung ans Geschlecht zu lösen, so heißt es seit geraumer Zeit. Alles andere sei „biologistisches“, den Menschen auf biologische Merkmale reduzierendes Denken, so tönen gerade auch die kirchlichen Propagan- disten.
  5. Die Homoehe oder bewusst entgrenzt, die „Ehe für alle“ und eben darum auch die „Ehe mit allen“ wird also neu entdeckt oder besser, neu erfunden! Aus der „miefigen und repressiven bürgerlichen Ehe“, die es im Rahmen der sexuellen Befreiung zu überwinden galt, wird nun ein hervorragendes homosexuelles Propagandainstru- ment der Antidiskriminierung mitten im bürgerlichen, ja konservativen Milieu. Die
    Schmähkritik an der Ehe, die man früher kübelweise über sie kippte, ist vorbei. Plötzlich erscheint es, als müssten alle anständigen Homosexuellen heiraten, es hat schon wahrhaft komödiantische Züge, man glaubt es kaum! Niemand spricht derzeit so wertschätzend und respektvoll von der bisherigen „Zweierkiste Ehe“ wie die Homosexuellen und ihre gesellschaftlichen Propagandisten. Wir werden Zeugen einer atemberaubenden homosexuellen Ehren-Rettung der Ehe! So wird im gut bürgerlichen Gewand die „Ehe für alle“ zum grandiosen politischen Rammbock, um den identitätsstiftenden gesellschaftlichen Kernbereich der Geschlechterbeziehung unter der Fahne der Antidiskriminierung zu erobern, auszuhebeln und neu zu deuten. Und die übergroße Mehrheit des Bundestages und der in ihm vertretenen Parteien bejubeln diesen in seinen Folgen überhaupt nicht absehbaren Kulturbruch! Nach der Bundestagsabstimmung am 30. Juni 2017 feierten nicht nur die Grünen eine wilde Party, auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands gab folgende herzbewegendende Erklärung ab: „Ob man in Deutschland heiraten darf oder nicht, entscheidet zukünftig nicht mehr das Geschlecht, sondern Liebe, Zusammenhalt und das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein.“ Das ist doch der Gipfel der Anständigkeit!
  6. Entscheidende Unterstützung bei diesem ganz und gar nicht harmlosen sondern wahrhaft kulturrevolutionären Großprojekt der Entnormierung der Ehe von Mann und Frau, ja der Heterosexualität schlechthin, fand die homosexuelle Lobby natürlich bei den Grünen und Linken, gewiss, da kommen ja viele von ihnen her. Aber das reicht ihnen nicht. Sie wollen ja mehr, sie wollen weiterkommen, sie wollen erobern! Man braucht und will die Aktivisten, die Förderer, die Sympathisanten im bürgerlichen Lager. Das ist entscheidend, denn dort in der Mitte der Gesellschaft ist ja die Ehe zu- hause, und da will man das Sagen haben. Hier bot sich nun in ideologischer Pass- genauigkeit die Evangelische Kirche als Kooperationspartnerin an. Wie Schlüssel und Schloss, besser geht’s nicht, haben sich die Homolobby und der liberale Protestantismus gefunden und dynamisieren sich gegenseitig in Wahrnehmung und Wertschätzung: Für beide eine ausgezeichnete win-win-Situation. Der landeskirch- liche Protestantismus kompensiert seinen zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutungsverlust durch strahlende öffentliche Anerkennung und die Homolobby erobert sich die Akzeptanz der bürgerlichen Milieus. Jeder Kirchenraum wird durch den Segen der Homotrauung zu einem wunderbaren Akzeptanz- und Legitimations- forum homosexueller Beziehungsrealität.
  7. Das Entwicklungsareal und die testenden Vorfelder dieser Kooperation von Evangelischer Kirche und Homolobby waren die Kirchentage und die Evangelischen Akademien. Hier geschah seit den achtziger Jahren der zwar kleinschrittige aber stetige Auf- und Ausbau der Akzeptanzräume homosexueller Lebenswelten. Hier wurden die ideologischen und medialen Seilschaften geknüpft, die strategischen Allianzen geschmiedet und die taktischen Phasen der Eroberung entwickelt. Und
    dann marschierte man gut gerüstet aus der Nische heraus in rücksichtsloser Aus- dauer Schritt für Schritt über die Dekanats- und Bezirkssynoden durch die Gemein- den, nahezu jeder Kirchenvorstand wurde durch sprach- und argumentationsmäch- tige Homo-Propagandisten, die auch keine Wiederholungsschleifen scheuten, beackert, und parallel dazu ging es hinauf und hinein in die gesetzgebenden Lan- dessynoden und in die kirchlichen Leitungsetagen. Eine Position nach der anderen wurde bestens vernetzt und strategisch klug erobert. Der Widerspruch aus konser- vativen Positionen heraus war häufig zurückhaltend und verdruckst, war wenig koordiniert und kam oft zu spät, so dass er leicht ignoriert oder lächerlich gemacht oder als menschen- und evangeliumsfeindlich geächtet werden konnte. So wurde aus der ethischen Randposition einer kleinen Minderheit durch konsequente und langfristig angelegte Eroberungs- und Machtstrategien der bekenntnisbildende Mainstream des landeskirchlichen Protestantismus mit unangefochtenem theolo- gischem oder treffender gesagt mit pseudotheologischem und kirchenleitendem Deutungsmonopol. Nun kann die „Ehe für alle“ im 500-jährigen Jubiläumsjahr der Reformation wirkungsvoll zur konsequenten Verwirklichung der lutherischen „Freiheit eines Christenmenschen“ stilisiert werden. Auch erscheint es in diesem „reformato- rischen Strom der Befreiung“ nur konsequent, dass die Frage nach der Bereitschaft zur Segnung/ Trauung homosexueller Paare zum Einstellungskriterium landes- kirchlicher Personalpolitik wird. Wenn der Ratsvorsitzende der EKD jetzt zu den Evangelikalen gewandt sagt, dass die Homosexualität keine Bekenntnisfrage sei, dann ist das insofern belustigend, weil er dabei völlig unterschlägt, dass es immer mehr die Kirchenleitungen und die sie stützenden Synodenmehrheiten selber sind, die die „Ehe für alle“ zur alles entscheidenden evangelischen Bekenntnisfrage machen!
  8. Warum wurde der landeskirchliche Protestantismus so beeindruckend zum idealen Bündnispartner der Homolobby? Der in den Gliedkirchen der EKD vorherr- schende grünlich-linke Liberal-Protestantismus hat schon seit längerer Zeit die Bibel – einst heilige Grundlagenurkunde für Lehre und Leben der Kirche und der Christen – entmächtigt und zu einem Steinbruch gemacht, aus dem man das Wenige, was man noch theologisch braucht, sich willkürlich holt. Meist reicht schon der Hinweis auf die ausgrenzungsfreie Jesus-Liebe. Was diesem liberalen Protestantismus allerdings aller Einsatz wert ist, das praktiziert er in allen Bereichen mit großer Energie, nämlich die Transformation von Religion in Moral, das heißt: in den kirch- lichen Lebensäußerungen ist nicht der wahre, der schriftgemäße Glaube und seine adäquaten Ausdrucksformen, also die Spiritualität der Gottesbeziehung die Haupt- sache, sondern das richtige und gute Handeln. Diese oft grün-links geprägte PraxisDominanz mit ihrer Verwandlung der Theologie in Ethik und ihrem Verkümmern der Gottesfrage und der Glaubensdimension lässt den landeskirchlichen Protestantismus ständig Ausschau halten nach gesellschafts-politischen Themen und Aufgabenfel- dern, die sich für eine kirchlich-grüne Agenda eignen und zugleich öffentlich relevant sind. Da bot sich die vermeintliche Antidiskriminierung Homosexueller eingebettet in
    das Bekenntnis zur Genderagenda der sexuellen Vielfalt als ideales Projekt an. Freiheit und Gerechtigkeit als zentrale biblische Grundthemen eignen sich hervorragend zur gegenderten Instrumentalisierung im Raum der Kirche, deren großer Etappensieg die ethisch-liturgische Gleichstellung der Homoehe ist. Leutselige Kirchenleiter und freundliche Bischöfinnen warben Land auf Land ab gewinnend für die „entdiskriminierte Ehe im Sinne Jesu“. Man nehme der Ehe ja nichts weg, so wird uns sirenenhaft sanft vermittelt, im Gegenteil, man mache die Ehe stärker und schöner und bestätige sie ausdrücklich in ihren konservativen Werten der Verlässlichkeit und Verantwortungsbereitschaft, wenn man sie homo- sexuell (sicher bald auch multi-sexuell) erweitere. Nur ein zu ächtender homophober Menschenfeind kann hier etwas dagegen haben…!
  9. Es ist leicht zu erkennen und liegt förmlich auf der Hand, dass dem landeskirch- lichen Protestantismus in der Homoehe ein grandioses Projekt zugewachsen ist, das ihn in hervorragender Weise gesellschaftlich bedeutungsvoll erscheinen lässt und zugleich das spezifisch evangelische Profil stärkt und schärft. Denn während in Sachen Islam-Akzeptanz, Klimawandel und Flüchtlingshilfe gerade auch mit Papst Franziskus der Katholizismus immer wieder als kirchliche Konkurrenz erlebt wird, ja regelrecht dabei ist, den Protestantismus zu überholen, kann mit der Homoehe im Genderumfeld der sexuellen Vielfältigkeit die Evangelische Kirche konkurrenzlos Punkte machen. Sie kann den vermufften, vormodernen und missbrauchsgebeutel- ten Katholizismus mit seiner Neigung zur Homophobie mühelos distanzieren und ihm die rote Karte zeigen: Wir Evangelischen sind eben doch das Original, die echten Progressiven, die in Kooperation mit links-grün die Menschen befreien und die Welt verbessern. Aber nicht nur der Katholizismus kann in Sachen Homoehe evangelisch abgehängt und auf die hinteren Plätze verwiesen werden, nein das evangelische Profil kann auch klar gegen die Evangelikalen mit ihrem verklemmt-schmuddeligen Konservativismus und seinem rechtspopulistischen Geschmäckle geschärft werden. So kann sich der landeskirchliche Protestantismus auch entsprechend der Höhe seiner z.Zt. vereinnahmten Kirchensteuer strahlend und staatstragend als öffentlicher Träger des gesellschaftlichen Zusammenhalts präsentieren: Wir sind die Guten in der Mitte der Gesellschaft, nur wir haben die moderne menschenfreundliche Religion, die niemand ausgrenzt und erst Recht keine Vorschriften macht. Bei uns dürfen daher alle in der Fülle ihrer sexuellen Vielfalt ihr wahres Lebensglück genießen!
  10. Die Homoehe als ultimatives Mainstream-Projekt des evangelisch-landeskirch- lichen Profils lässt natürlich auch plausibel erscheinen, warum die innerkirchliche Diskussion darüber in den letzten Jahren und Monaten immer unduldsamer und kürzer angebunden wurde und immer häufiger mit Mehrheitsentscheidungen und Diskursabbruch einfach durchgezogen wird. Konnte man vor Jahren innerhalb der Evangelischen Kirche noch theologisch miteinander ringen, „mit Spannungen leben“ und ertragen, dass man keinen ethischen Konsens bezüglich gelebter Homosexu-
    alität hatte, so wurden die Stimmung und auch die Beschlusslage in der letzten Zeit immer intoleranter, ja aggressiver und zwar von oben herab von den Kirchenlei- tungen und –Verwaltungen eben mit gewaltigen Synodenmehrheiten im Rücken. Selbst einen Gewissensschutz für die Minderheit der Segnungs-/Trauungsver- weigerer unter den Pfarrern will man im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubi- läums immer weniger gelten lassen. Der landeskirchliche Protestantismus hat entschieden, dass die sog. sexuelle Antidiskriminierung das reformatorische Prinzip und Projekt schlechthin ist, und dass es nicht vorgesehen ist und daher auch nicht geduldet werden kann, dass dieses identitätsstiftende öffentliche Projekt der HomoEhe-Trauung in den eigenen Reihen problematisiert oder gar abgelehnt wird. Wem dieser kirchliche Kurs, der die Antidiskriminierung der sexuellen Vielfalt zum evangelischen Bekenntnis macht, nicht passt, der kann ja katholisch werden, oder dorthin gehen, wo der Pfeffer wächst, basta! Die Veröffentlichungen der kirchlichen Gender-Prop-Zentren bestätigen anschaulich diesen Basta-Stil!
  11. In dieser kirchlich-gesellschaftlichen Verfassung ergeht an die christliche Gemeinde der Bußruf des Evangeliums. Dieser heißt: Umkehr zu Jesus, dem König der Juden und dem Retter der Welt, Umkehr zu der Wahrheit Seines Wortes und Umkehr zu Seinem Volk Israel. In und durch diese Umkehr widerfährt der christlichen Gemeinde die frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen einer lebensmüden Kultur und ihrer kirchlichen Verdoppelung. Daher besteht die wesentliche Frage darin, ob es Gemeinden innerhalb der unbiblischen landeskirchlichen Ideologie und ihrer häretischen Leitungsorgane gibt, die bereit sind, auf diesen Bußruf des Evangeliums zu hören und ihm zu folgen? Die es aber tun, die sich Jesus, dem Weg, der Wahrheit und dem Leben zuwenden, die erkennen, wie sehr sie selbst in dieses lebensmüde System der gesellschaftlichen Anpassung verstrickt sind, und die bekennen ihre Schuld. In der Erfahrung der Vergebung wächst die Erkenntnis der eigenen Schuldverstrickung und zugleich und noch viel mehr die hoffnungsvolle Kraft, diese zerstörerische Abhängigkeit zu überwinden und ihre Positionen zu verlassen. Dabei wird der Kampf um Ehe und Familie in ihrer biblischen Sicht von zentraler Bedeutung sein. Biblische Anschauung und Ermutigung bieten dabei die alt-testamentliche Exodusgemeinde als Urbild für den Auszug des Volkes Gottes aus einer heidnischen Kultur des Todes und die neu-testamentlichen Gemeinden im heidnischen Umfeld; gerade auch die bedrängten Gemeinden der Johannesoffen- barung. Aktuell können uns die christlichen Gemeinden aus afrikanischen oder asiatischen nicht-christlichen Mehrheitskulturen eine wichtige Ermutigung und Orientierung sein. Wir laden ihre Missionare herzlich ein:“Kommt herüber und helft uns!“ (Apostelgeschichte 16, 9).
  12. Da zur Zeit der real existierende landeskirchliche Protestantismus in Ideologie und Struktur der geistlichen Erneuerung in der Nachfolge Jesu wenig förderlich ist, braucht es neue mutige und inspirierend-missionarische Aufbrüche an der Kirchen-
    basis. Die Aufgabe ist es: Sich innerhalb der Landeskirche weitgehend von der Landeskirche geistlich, strukturell und finanziell unabhängig zu machen und neue Räume und gemeinsame Strukturen zu gewinnen z. B. durch die Bildung freier Synoden und neuer Formen der geistlichen Leitung. Die entstehende Bekennende Kirche in den Jahren 1933 und 1934 zeigt dafür Schneisen auf und lässt Pfade erkennen, wie ein kirchlicher in Gottes Wort gegründeter Widerstand von Gemeinden gegen häretische Kirchenleitungen aussehen könnte. In der „Erklärung über das rechte Verständnis der reformatorischen Bekenntnisse“ der 1. freien reformierten Synode am 3./4. Januar 1934 in Barmen heißt es unter III. Kirche in der Welt: „3. Die Kirche ist in der Welt unter der Heiligen Schrift. Sie dient dem Menschen und dem Volk, dem Staat und der Kultur, indem sie hinsichtlich ihrer Botschaft und ihrer Gestalt dem ihr vorgeschriebenen Worte Gottes und seinem Heiligen Geist gehorsam zu sein bemüht ist. Damit ist abgelehnt die Ansicht: Die Kirche habe dem Menschen damit zu dienen, dass sie ihm mehr gehorchend als Gott, ihre Botschaft und ihre Gestalt seinen jeweiligen Überzeugungen, Wünschen und Zwecken anpasse und zur Verfügung stelle“. Und in der Erklärung der Freien evangelischen Synode im Rheinland am 18./19. Februar 1934 ebenfalls in Barmen heißt es unter II. Zur Ordnung der Kirche: „2…..Wir ermahnen unsere Brüder im Amt, Prediger und Älteste, schriftwidrigen Verordnungen und Maßnahmen des jetzigen schriftwidrigen Kirchenregiments nicht zu gehorchen…… Solcher Ungehorsam gegen ein Kirchen- regiment, das wider Gottes Wort regiert, ist Gehorsam gegen Gott.“

Wiesloch im Juli 2017

Burkard Hotz, Pfarrer i. R.

Güterstraße 16 burkard@familie-hotz.de

als der Deutsche Bundestag in seiner großen antidiskriminatorischen Weisheit den Kulturbruch vollzog und die Exklusivität der konjugalen Ehe von Mann und Frau abschaffte.

1.  Eine Kultur, die die eheliche Gestalt der Sexualität, die allein die Fortpflanzung und damit ihre Selbsterhaltung gewährleistet, nämlich die konjugale Sexualität von Mann und Frau, durch die „Ehe für alle“ mit der homosexuellen Gestalt der Sexua- lität, die progammatisch unfruchtbar ist, gleichstellt, ist von allen guten Geistern verlassen. Sie hat resignierend, ja selbstmörderisch das Interesse an ihrer eigenen Zukunft verloren. Der Kernbestand unserer individuellen und sozialen Identität wird mit voller Absicht einer Gleichstellung zugeführt, die zur weiteren moralischen Verwirrung und Verwahrlosung unserer Gesellschaft führen wird, denn die „Ehe für alle“ ist keine Ehe, das ist fake news! Allein die Ehe realisiert den fundamentalen Friedensschluss von Mann und Frau, und allein die ehebasierte Familie realisiert in der Fähigkeit zur Fortpflanzung, zur Generationalität zugleich den Friedensschluss der Generationen. Durch die neue Norm der „Ehe für alle“ werden Ehe und Familie zu diffusen Freundschaftsmodellen entkernt und verlieren gerade damit ihre notwendige Widerstandskraft gegen die Kräfte der Zerstörung. Die „Ehe für alle“ ist der Weg zur Abschaffung der Ehe überhaupt. Eine Kultur, die in ihrem inneren Aufbau – und Ehe und Familie ist das zentrale seelische und soziale Bauprinzip – solchermaßen in der Beliebigkeit verwahrlost, wird sich einem neuen ideologischen bzw. religiösen Totalitarismus und seinen „kulturellen Rettungsangeboten“ ohne ernsthaften Widerstand unterwerfen.


2. Da die Ehe ihre begründende, stärkende und schützende Kraft für die treue, lebenslange Liebes-Beziehung von Mann und Frau, die zugleich Vater und Mutter werden wollen bzw. sind, schon seit einiger Zeit zunehmend verliert, zerbrechen immer häufiger Familien. Die in der Familie gemeinsam begründete Elternschaft von Mann und Frau verliert durch das Scheitern der Ehe ihre Exklusivität, ihre Verbind- lichkeit und Prägekraft. Aktuell transformieren sich zahlreiche Familien nach der Trennung der leiblichen Eltern hinein in Modelle der „Flickenteppich-Familie“ meist ohne Ehe der neuen Paare. Dabei werden immer wieder bisherige Familienmitglieder nicht zuletzt der andere Elternteil irgendwie verloren oder bewusst abgehängt. Einen besonders traurigen Part haben hier Großeltern, die von heute auf morgen die Enkel entzogen bekommen können. Allerdings wird dieser schmerzliche Prozess des Familienzerfalls, der Gott sei Dank noch nicht die Regel ist!, ideologisch gefördert und medial schön geredet, man nennt dies dann die „Pluralisierung der Lebens- formen“. Familie soll sich vom Vater-Mutter-Kinder-Modell emanzipieren und immer mehr zu einem schwer definierbaren weil multiformen sozialen Konglomerat werden. Das ist dann die große Stunde der „Regenbogenfamilien“ mit ihrer homosexuellen Elternschaft. Gemeinsam mit der „Ehe für alle“ bildet sie das ambitionierte Aktions- feld der politischen und medialen Antidiskriminierer der „Vielfalt der Lebensentwürfe.“

3. Ein besonders engagierter und verlässlich hemmungsloser Kritiker der „bürgerli- chen Ehe“, treffender gesagt: des christlichen Eheverständnisses und seiner treuen sexuellen Zweisamkeit von Mann und Frau war in den vergangenen Jahrzehnten die Homosexuellenbewegung. Gerade aus ihren Reihen kam der ätzenden Spott über diese „kleinbürgerliche, lustfeindliche Zwangsveranstaltung zur sexuellen Selbstverstümmelung“. Homosexuelle Lebensweisen dagegen – und dies war im homosexuellen Selbstverständnis enorm wichtig! – definierten Sexualität und Beziehungstreue bewusst anders als in der traditionellen wesentlich christlich geprägten Ehe. Homosexuelle Beziehungsformen sind revolutionär und lassen sich auf keinen Fall in traditionelle bürgerliche Muster pressen, so hieß es, und reklamierten daher selbstverständlich für sich das Recht fast schon die Pflicht promiskuitiv zu sein, weil es sowieso zum Wesen der freien Sexualität gehöre, sich nicht auf eine Person zu fixieren, sondern immer wieder frei zu wählen. So kommt auch aus diesem Umfeld die programmatische Unterscheidung von sexueller und sozialer Treue in einer Partnerschaft.

4. Vor diesem Hintergrund der langjährigen ideologischen Entwertung der Ehe als exklusiver Lebensform der sozialen, emotionalen und sexuellen Treue von Mann und Frau also der konjugalen Ehe, die auf leibliche Kinder und Familiengründung ausge- richtet ist, geschieht seit geraumer Zeit etwas sehr erstaunliches. Die Homosexu- ellenbewegung und ihre Sympathisanten vollziehen den 180-Grad-Schwenk und entdecken lautstark und politisch prominent die positiven Qualitäten der Ehe. Dieses wichtige gesellschaftliche Beziehungsinstitut, so sagen sie nun, dieser institutionelle Raum der Liebe und Treue (von dem sie jahrzehntelang nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gehalten haben!) werde ihnen heteronormativ und damit diskriminierend und grundgesetzwidrig vorenthalten. Das sei krasses Unrecht und verweigere homosexuellen Menschen die Gleichstellung und das wahre Lebens- glück! Die Ehe sei daher von jeder Bindung ans Geschlecht zu lösen, so heißt es seit geraumer Zeit. Alles andere sei „biologistisches“, den Menschen auf biologische Merkmale reduzierendes Denken, so tönen gerade auch die kirchlichen Propagan- disten.

4. Die Homoehe oder bewusst entgrenzt, die „Ehe für alle“ und eben darum auch die „Ehe mit allen“ wird also neu entdeckt oder besser, neu erfunden! Aus der „miefigen und repressiven bürgerlichen Ehe“, die es im Rahmen der sexuellen Befreiung zu überwinden galt, wird nun ein hervorragendes homosexuelles Propagandainstru- ment der Antidiskriminierung mitten im bürgerlichen, ja konservativen Milieu. Die
Schmähkritik an der Ehe, die man früher kübelweise über sie kippte, ist vorbei. Plötzlich erscheint es, als müssten alle anständigen Homosexuellen heiraten, es hat schon wahrhaft komödiantische Züge, man glaubt es kaum! Niemand spricht derzeit so wertschätzend und respektvoll von der bisherigen „Zweierkiste Ehe“ wie die Homosexuellen und ihre gesellschaftlichen Propagandisten. Wir werden Zeugen einer atemberaubenden homosexuellen Ehren-Rettung der Ehe! So wird im gut bürgerlichen Gewand die „Ehe für alle“ zum grandiosen politischen Rammbock, um den identitätsstiftenden gesellschaftlichen Kernbereich der Geschlechterbeziehung unter der Fahne der Antidiskriminierung zu erobern, auszuhebeln und neu zu deuten. Und die übergroße Mehrheit des Bundestages und der in ihm vertretenen Parteien bejubeln diesen in seinen Folgen überhaupt nicht absehbaren Kulturbruch! Nach der Bundestagsabstimmung am 30. Juni 2017 feierten nicht nur die Grünen eine wilde Party, auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands gab folgende herzbewegendende Erklärung ab: „Ob man in Deutschland heiraten darf oder nicht, entscheidet zukünftig nicht mehr das Geschlecht, sondern Liebe, Zusammenhalt und das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein.“ Das ist doch der Gipfel der Anständigkeit!

6. Entscheidende Unterstützung bei diesem ganz und gar nicht harmlosen sondern wahrhaft kulturrevolutionären Großprojekt der Entnormierung der Ehe von Mann und Frau, ja der Heterosexualität schlechthin, fand die homosexuelle Lobby natürlich bei den Grünen und Linken, gewiss, da kommen ja viele von ihnen her. Aber das reicht ihnen nicht. Sie wollen ja mehr, sie wollen weiterkommen, sie wollen erobern! Man braucht und will die Aktivisten, die Förderer, die Sympathisanten im bürgerlichen Lager. Das ist entscheidend, denn dort in der Mitte der Gesellschaft ist ja die Ehe zu- hause, und da will man das Sagen haben. Hier bot sich nun in ideologischer Pass- genauigkeit die Evangelische Kirche als Kooperationspartnerin an. Wie Schlüssel und Schloss, besser geht’s nicht, haben sich die Homolobby und der liberale Protestantismus gefunden und dynamisieren sich gegenseitig in Wahrnehmung und Wertschätzung: Für beide eine ausgezeichnete win-win-Situation. Der landeskirch- liche Protestantismus kompensiert seinen zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutungsverlust durch strahlende öffentliche Anerkennung und die Homolobby erobert sich die Akzeptanz der bürgerlichen Milieus. Jeder Kirchenraum wird durch den Segen der Homotrauung zu einem wunderbaren Akzeptanz- und Legitimations- forum homosexueller Beziehungsrealität.

7. Das Entwicklungsareal und die testenden Vorfelder dieser Kooperation von Evangelischer Kirche und Homolobby waren die Kirchentage und die Evangelischen Akademien. Hier geschah seit den achtziger Jahren der zwar kleinschrittige aber stetige Auf- und Ausbau der Akzeptanzräume homosexueller Lebenswelten. Hier wurden die ideologischen und medialen Seilschaften geknüpft, die strategischen Allianzen geschmiedet und die taktischen Phasen der Eroberung entwickelt. Und dann marschierte man gut gerüstet aus der Nische heraus in rücksichtsloser Aus- dauer Schritt für Schritt über die Dekanats- und Bezirkssynoden durch die Gemein- den, nahezu jeder Kirchenvorstand wurde durch sprach- und argumentationsmäch- tige Homo-Propagandisten, die auch keine Wiederholungsschleifen scheuten, beackert, und parallel dazu ging es hinauf und hinein in die gesetzgebenden Lan- dessynoden und in die kirchlichen Leitungsetagen. Eine Position nach der anderen wurde bestens vernetzt und strategisch klug erobert. Der Widerspruch aus konser- vativen Positionen heraus war häufig zurückhaltend und verdruckst, war wenig koordiniert und kam oft zu spät, so dass er leicht ignoriert oder lächerlich gemacht oder als menschen- und evangeliumsfeindlich geächtet werden konnte. So wurde aus der ethischen Randposition einer kleinen Minderheit durch konsequente und langfristig angelegte Eroberungs- und Machtstrategien der bekenntnisbildende Mainstream des landeskirchlichen Protestantismus mit unangefochtenem theolo- gischem oder treffender gesagt mit pseudotheologischem und kirchenleitendem Deutungsmonopol. Nun kann die „Ehe für alle“ im 500-jährigen Jubiläumsjahr der Reformation wirkungsvoll zur konsequenten Verwirklichung der lutherischen „Freiheit eines Christenmenschen“ stilisiert werden. Auch erscheint es in diesem „reformato- rischen Strom der Befreiung“ nur konsequent, dass die Frage nach der Bereitschaft zur Segnung/ Trauung homosexueller Paare zum Einstellungskriterium landes- kirchlicher Personalpolitik wird. Wenn der Ratsvorsitzende der EKD jetzt zu den Evangelikalen gewandt sagt, dass die Homosexualität keine Bekenntnisfrage sei, dann ist das insofern belustigend, weil er dabei völlig unterschlägt, dass es immer mehr die Kirchenleitungen und die sie stützenden Synodenmehrheiten selber sind, die die „Ehe für alle“ zur alles entscheidenden evangelischen Bekenntnisfrage machen!

8. Warum wurde der landeskirchliche Protestantismus so beeindruckend zum idealen Bündnispartner der Homolobby? Der in den Gliedkirchen der EKD vorherr- schende grünlich-linke Liberal-Protestantismus hat schon seit längerer Zeit die Bibel – einst heilige Grundlagenurkunde für Lehre und Leben der Kirche und der Christen – entmächtigt und zu einem Steinbruch gemacht, aus dem man das Wenige, was man noch theologisch braucht, sich willkürlich holt. Meist reicht schon der Hinweis auf die ausgrenzungsfreie Jesus-Liebe. Was diesem liberalen Protestantismus allerdings aller Einsatz wert ist, das praktiziert er in allen Bereichen mit großer Energie, nämlich die Transformation von Religion in Moral, das heißt: in den kirch- lichen Lebensäußerungen ist nicht der wahre, der schriftgemäße Glaube und seine adäquaten Ausdrucksformen, also die Spiritualität der Gottesbeziehung die Haupt- sache, sondern das richtige und gute Handeln. Diese oft grün-links geprägte PraxisDominanz mit ihrer Verwandlung der Theologie in Ethik und ihrem Verkümmern der Gottesfrage und der Glaubensdimension lässt den landeskirchlichen Protestantismus ständig Ausschau halten nach gesellschafts-politischen Themen und Aufgabenfel- dern, die sich für eine kirchlich-grüne Agenda eignen und zugleich öffentlich relevant sind. Da bot sich die vermeintliche Antidiskriminierung Homosexueller eingebettet in das Bekenntnis zur Genderagenda der sexuellen Vielfalt als ideales Projekt an. Freiheit und Gerechtigkeit als zentrale biblische Grundthemen eignen sich hervorragend zur gegenderten Instrumentalisierung im Raum der Kirche, deren großer Etappensieg die ethisch-liturgische Gleichstellung der Homoehe ist. Leutselige Kirchenleiter und freundliche Bischöfinnen warben Land auf Land ab gewinnend für die „entdiskriminierte Ehe im Sinne Jesu“. Man nehme der Ehe ja nichts weg, so wird uns sirenenhaft sanft vermittelt, im Gegenteil, man mache die Ehe stärker und schöner und bestätige sie ausdrücklich in ihren konservativen Werten der Verlässlichkeit und Verantwortungsbereitschaft, wenn man sie homo- sexuell (sicher bald auch multi-sexuell) erweitere. Nur ein zu ächtender homophober Menschenfeind kann hier etwas dagegen haben…!

9. Es ist leicht zu erkennen und liegt förmlich auf der Hand, dass dem landeskirch- lichen Protestantismus in der Homoehe ein grandioses Projekt zugewachsen ist, das ihn in hervorragender Weise gesellschaftlich bedeutungsvoll erscheinen lässt und zugleich das spezifisch evangelische Profil stärkt und schärft. Denn während in Sachen Islam-Akzeptanz, Klimawandel und Flüchtlingshilfe gerade auch mit Papst Franziskus der Katholizismus immer wieder als kirchliche Konkurrenz erlebt wird, ja regelrecht dabei ist, den Protestantismus zu überholen, kann mit der Homoehe im Genderumfeld der sexuellen Vielfältigkeit die Evangelische Kirche konkurrenzlos Punkte machen. Sie kann den vermufften, vormodernen und missbrauchsgebeutel- ten Katholizismus mit seiner Neigung zur Homophobie mühelos distanzieren und ihm die rote Karte zeigen: Wir Evangelischen sind eben doch das Original, die echten Progressiven, die in Kooperation mit links-grün die Menschen befreien und die Welt verbessern. Aber nicht nur der Katholizismus kann in Sachen Homoehe evangelisch abgehängt und auf die hinteren Plätze verwiesen werden, nein das evangelische Profil kann auch klar gegen die Evangelikalen mit ihrem verklemmt-schmuddeligen Konservativismus und seinem rechtspopulistischen Geschmäckle geschärft werden. So kann sich der landeskirchliche Protestantismus auch entsprechend der Höhe seiner z.Zt. vereinnahmten Kirchensteuer strahlend und staatstragend als öffentlicher Träger des gesellschaftlichen Zusammenhalts präsentieren: Wir sind die Guten in der Mitte der Gesellschaft, nur wir haben die moderne menschenfreundliche Religion, die niemand ausgrenzt und erst Recht keine Vorschriften macht. Bei uns dürfen daher alle in der Fülle ihrer sexuellen Vielfalt ihr wahres Lebensglück genießen!

10. Die Homoehe als ultimatives Mainstream-Projekt des evangelisch-landeskirch- lichen Profils lässt natürlich auch plausibel erscheinen, warum die innerkirchliche Diskussion darüber in den letzten Jahren und Monaten immer unduldsamer und kürzer angebunden wurde und immer häufiger mit Mehrheitsentscheidungen und Diskursabbruch einfach durchgezogen wird. Konnte man vor Jahren innerhalb der Evangelischen Kirche noch theologisch miteinander ringen, „mit Spannungen leben“ und ertragen, dass man keinen ethischen Konsens bezüglich gelebter Homosexu-
alität hatte, so wurden die Stimmung und auch die Beschlusslage in der letzten Zeit immer intoleranter, ja aggressiver und zwar von oben herab von den Kirchenlei- tungen und –Verwaltungen eben mit gewaltigen Synodenmehrheiten im Rücken. Selbst einen Gewissensschutz für die Minderheit der Segnungs-/Trauungsver- weigerer unter den Pfarrern will man im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubi- läums immer weniger gelten lassen. Der landeskirchliche Protestantismus hat entschieden, dass die sog. sexuelle Antidiskriminierung das reformatorische Prinzip und Projekt schlechthin ist, und dass es nicht vorgesehen ist und daher auch nicht geduldet werden kann, dass dieses identitätsstiftende öffentliche Projekt der HomoEhe-Trauung in den eigenen Reihen problematisiert oder gar abgelehnt wird. Wem dieser kirchliche Kurs, der die Antidiskriminierung der sexuellen Vielfalt zum evangelischen Bekenntnis macht, nicht passt, der kann ja katholisch werden, oder dorthin gehen, wo der Pfeffer wächst, basta! Die Veröffentlichungen der kirchlichen Gender-Prop-Zentren bestätigen anschaulich diesen Basta-Stil!

11. In dieser kirchlich-gesellschaftlichen Verfassung ergeht an die christliche Gemeinde der Bußruf des Evangeliums. Dieser heißt: Umkehr zu Jesus, dem König der Juden und dem Retter der Welt, Umkehr zu der Wahrheit Seines Wortes und Umkehr zu Seinem Volk Israel. In und durch diese Umkehr widerfährt der christlichen Gemeinde die frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen einer lebensmüden Kultur und ihrer kirchlichen Verdoppelung. Daher besteht die wesentliche Frage darin, ob es Gemeinden innerhalb der unbiblischen landeskirchlichen Ideologie und ihrer häretischen Leitungsorgane gibt, die bereit sind, auf diesen Bußruf des Evangeliums zu hören und ihm zu folgen? Die es aber tun, die sich Jesus, dem Weg, der Wahrheit und dem Leben zuwenden, die erkennen, wie sehr sie selbst in dieses lebensmüde System der gesellschaftlichen Anpassung verstrickt sind, und die bekennen ihre Schuld. In der Erfahrung der Vergebung wächst die Erkenntnis der eigenen Schuldverstrickung und zugleich und noch viel mehr die hoffnungsvolle Kraft, diese zerstörerische Abhängigkeit zu überwinden und ihre Positionen zu verlassen. Dabei wird der Kampf um Ehe und Familie in ihrer biblischen Sicht von zentraler Bedeutung sein. Biblische Anschauung und Ermutigung bieten dabei die alt-testamentliche Exodusgemeinde als Urbild für den Auszug des Volkes Gottes aus einer heidnischen Kultur des Todes und die neu-testamentlichen Gemeinden im heidnischen Umfeld; gerade auch die bedrängten Gemeinden der Johannesoffen- barung. Aktuell können uns die christlichen Gemeinden aus afrikanischen oder asiatischen nicht-christlichen Mehrheitskulturen eine wichtige Ermutigung und Orientierung sein. Wir laden ihre Missionare herzlich ein:“Kommt herüber und helft uns!“ (Apostelgeschichte 16, 9).

12. Da zur Zeit der real existierende landeskirchliche Protestantismus in Ideologie und Struktur der geistlichen Erneuerung in der Nachfolge Jesu wenig förderlich ist, braucht es neue mutige und inspirierend-missionarische Aufbrüche an der Kirchen basis. Die Aufgabe ist es: Sich innerhalb der Landeskirche weitgehend von der Landeskirche geistlich, strukturell und finanziell unabhängig zu machen und neue Räume und gemeinsame Strukturen zu gewinnen z. B. durch die Bildung freier Synoden und neuer Formen der geistlichen Leitung. Die entstehende Bekennende Kirche in den Jahren 1933 und 1934 zeigt dafür Schneisen auf und lässt Pfade erkennen, wie ein kirchlicher in Gottes Wort gegründeter Widerstand von Gemeinden gegen häretische Kirchenleitungen aussehen könnte. In der „Erklärung über das rechte Verständnis der reformatorischen Bekenntnisse“ der 1. freien reformierten Synode am 3./4. Januar 1934 in Barmen heißt es unter III. Kirche in der Welt: „3. Die Kirche ist in der Welt unter der Heiligen Schrift. Sie dient dem Menschen und dem Volk, dem Staat und der Kultur, indem sie hinsichtlich ihrer Botschaft und ihrer Gestalt dem ihr vorgeschriebenen Worte Gottes und seinem Heiligen Geist gehorsam zu sein bemüht ist. Damit ist abgelehnt die Ansicht: Die Kirche habe dem Menschen damit zu dienen, dass sie ihm mehr gehorchend als Gott, ihre Botschaft und ihre Gestalt seinen jeweiligen Überzeugungen, Wünschen und Zwecken anpasse und zur Verfügung stelle“. Und in der Erklärung der Freien evangelischen Synode im Rheinland am 18./19. Februar 1934 ebenfalls in Barmen heißt es unter II. Zur Ordnung der Kirche: „2…..Wir ermahnen unsere Brüder im Amt, Prediger und Älteste, schriftwidrigen Verordnungen und Maßnahmen des jetzigen schriftwidrigen Kirchenregiments nicht zu gehorchen…… Solcher Ungehorsam gegen ein Kirchen- regiment, das wider Gottes Wort regiert, ist Gehorsam gegen Gott.“

Wiesloch im Juli 2017

Burkard Hotz, Pfarrer i. R.